„Nahtstellen – Statik und Bewegung“ 

Die digitalen Fotoarbeiten basieren auf  einer Alltags-Wahrnehmung.  Ein Reisender erlebt aus dem fahrenden Zug die Landschaft in visueller Unschärfe als eine scheinbar sich bewegende. Als „Nahtstelle“ zwischen Stillstand und Bewegung erscheint eine vermeintlich eilende, sich verwischende Baumreihe, die in ihrer Bewegung nichts ist als Illusion, eine Visualisierung in der Geschwindigkeit, die vom Betrachter als gegeben hingenommen, kaum als real absurd reflektiert wird.
Eine Serie von 4 ausgewählten Fotoarbeiten,  gedruckt auf Büttenpapier zart wie Graphit-Zeichnungen rückt die leichte Irritation des Betrachters in den Fokus.

 

Neue Bahnen.Labyrinth  

7-teilige Werkserie, digitale Bildbearbeitung

Bild 1 und 2 der Serie basieren auf Polyurethan-Malereien, die ich im Testlabor eines PU- verarbeitenden Werkes in Rotterdam anfertigte, um das neue Material
für eine große Bodenarbeit für die LAGA Leverkusen auszutesten. Die Testbilder wurden nach der fotografischen Erfassung zerstört. Die entstandenen Farbverläufe erinnern an farbige Röntgenbilder, an computertomografische Aufnahmen von Gehirnstrukturen oder anderen Teilen des Körperinnern. Das Wissen um die „inneren Körperbilder“ -  deren Geheimnisse und Hintergründe, wirft nicht nur naturwissenschaftliche Fragen auf.

Bild 3 bis 7 sind erwachsen aus Formationen alltäglicher Gegenstände, diesseits der digitalen Revolution. Durch die Bearbeitung gewinnt das Gewöhnliche ein geheimnisvolles Ansehen. Es geht darum, den einfachen Dingen einen ursprünglichen, wesentlichen Sinn abzugewinnen. In der Anschauung  werden Muskelfasern oder labyrinthische Formen assoziiert. Knäuel verwirrter Fäden scheinen in Rauch aufzugehen:  unklar, nebulös bleibt das Ende des Weges. Kaleidoskopartige Formationen erinnern dann schon an farbige Kirchenfenster, voller Leuchtkraft und Verheißung.

Gezeigt werden Labyrinthe,  Muskel- oder „Seelen“-Verklebungen – in die Menschen sich aus Gewohnheit verfangen, aus Angst vor Neuem und Unbekanntem: diese wiederum können Ausgangsbasis für neue  Bahnen sein, die in verschiedenen Lebensphasen mit unterschiedlicher Energie gesucht werden – Voraussetzung zu neuen Lebenswagnissen,  die Gehirnstrukturen zu neuem Zellwachstum anregen, Mut verleihen zu neuen, lebendigeren Bahnen…

Ingrid Scheller,  Februar 2015